- Pfarrer Leist als Vertreter
katholischen Widerstandes
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- "Am
Freitag hat der Satan im Radio gesprochen"
- Montag
wäre Pfarrer Eduard Leist 100 Jahre alt geworden - Gegen Nazis opponiert,
von Franzosen und Amerikanern verurteilt
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- Eine der
Gemeinden, die dem Naziterror auf ganz eigene Weise Widerstand leistete ist
Bruchweiler-Bärenbach. Die überwiegend katholische Bevölkerung orientierte
sich an ihrem Pfarrer Eduard Leist. Am Montag wäre Leist, der Bruchweiler von
1935 bis 1947 als Seelsorger und später
auch für kurze Zeit als Bürgermeister diente, 100 Jahre alt geworden.
- Bereits während
seiner Kaplanszeit in Kusel war Leist den Nationalsozialisten unangenehm
aufgefallen. Eine bereits angeordnete Verhaftung wurde am 30. Januar 1933 im
letzten Augenblick durch den Staatssekretär Imbt rückgängig gemacht. Doch
Leist musste nun des öfteren seine Predigtvorlagen der Polizei zur Einsicht
vorlegen. Er wurde nach Schifferstadt versetzt, doch auch hier entspannte sich
die Situation nicht. Als er den Sohn des SA-Führers wegen frecher Lügen
bestrafte, wurde er von dem SA-Mann heftigst beschimpft. Leist musste sich vor
der Gendarmerie verantworten, wobei der Sohn der Lüge überführt werden konnte
und der Pfarrer unbestraft blieb. Während seiner Tätigkeit als Lehrer
entfernte Leist einen Hitlerjugendführer, der in Religion die Christenlehre
verspottet hatte, aus dem Unterricht. Der so gemaßregelte Schüler schrieb
daraufhin einen Brief an das Bischöfliche Ordinariat in Speyer, in dem er den
Pfarrer beschimpfte. Die Angelegenheit kam vor Gericht, wo der Vater
sein Bürschchen derart zur
Rede stellte, dass die Anklage fallengelassen wurde. Ein von der SA geplanter Überfall
auf das Pfarrhaus fand wegen des Röhm-Putsches nicht statt.
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- Gegen Goebbels
gesprochen
- Am Ende aber hatte
die NSDAP in ihrem Bemühen, Leist aus Schifferstadt zu entfernen, Erfolg. Mit
der Qualifikation „für Schifferstadt unmöglich“ wurde der couragierte
Pfarrer nach Bruchweiler versetzt. Hier war man glücklich, nach fünf Jahren
„pfarrerloser“ Zeit wieder über einen Seelsorger zu verfügen, so dass
keiner den Pfarrer anzeigte, der mit seiner scharfen Kritik am
Nationalsozialismus schon sehr bald zu verstehen gab, welch Geistes Kind er war.
So nahm Leist zu einer Rede des Propagandaministers Joseph Goebbels, in der
dieser gegen die katholische Geistlichkeit wetterte, öffentlich Stellung. „Am
Freitag Abend hat der Satan im Radio gesprochen“, erklärte Leist. Selbst
diese provozierende Äußerung blieb für den Seelsorger ohne Folge, denn in
ganz Bruchweiler war kein SS-Mann zu finden. Einer Infiltration durch die
braunen Machthaber beugte der kluge Geistliche vor, indem er nach jeder
Werbeveranstaltung der SS die einzelnen Familien seiner Gemeinde persönlich
aufsuchte.
- Der kritische
Priester fand einen breiten Rückhalt in der Bruchweilerer Bevölkerung und
wurde vor Zugriffen der Nazis immer wieder geschützt. So informierte ihn der
damalige Bürgermeister Gregor Zwick von jeder geplanten Durchsuchung des
Pfarrhauses und jeder beabsichtigten Einsichtnahme in die Predigtunterlagen.
Auch über Spitzelbesuche der Nazis in seinem Gottesdienst war Leist immer
bestens unterrichtet.
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- Eines der wenigen Fotos, die
es von Pfarrer Leist gibt, entstand
- im Jahr 1939.
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- Bei Evakuierung
verhaftet
- Als er sich am 1.
September 1939, kurz nach dem Überfall auf Polen, mit einem persönlich
Vertrauten über die politische Situation, die diesen Überfall erst möglich
gemacht hatte, unterhielt, wurde er durch das offene Fenster von einem der
damals in Bruchweiler stationierten Westwallarbeiter belauscht. Dieser verständigte
umgehend die Polizei, die schon kurze Zeit später eintraf und die Gestapo
hinzuziehen wollte. Da in der Nacht zuvor jedoch der Evakuierungsbefehl für die
sogenannte Roter Zone hinter dem Westwall eingetroffen war, konnte Leist mit der
Bruchweiler Bevölkerung abreisen. Auf dem Weg ins thüringische Exil hielten
sich die Evakuierten im Oktober 1939 in Motten bei Fulda auf. Einige saßen in
einem Gasthaus zusammen, als die vom Gastwirt, dem dort tätigen
Ortsgruppenleiter, informierte Polizei auftauchte und den Pfarrer verhaftete.
Auch am Ziel der Reise, Zeulenreda in Thüringen angelangt, stand Leist unter
Beobachtung. Hier musste er sich vor der Gestapo wegen Abhaltung einer
politischer Versammlung, die sich als Gottesdienst erwies, verantworten.
- Nach dem
Frankreichfeldzug durften die Bruchweiler im Sommer 1940 in die Heimat zurück
kehren. An Allerheiligen wurde Leist, als er seine Kirche für den Gottesdienst
betreten wollte, von einem protestantischen Hitlermädchen aus der
Nachbargemeinde vor der Kirchentür mit „Heil Hitler“ angebrüllt. Leist
fragte sie, ob sie denn früher auch immer die katholischen Geistlichen gegrüßt
habe. Als sie verneinte, meinte er: „Dann brauchen Sie heute auch nicht zu grüßen“.
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- „Deutschen Gruß“
nicht erwidert
- Diesen Sachverhalt
zeigte ein mithörender Bahnbeamter, ebenfalls aus der Nachbargemeinde, bei der
Polizei an. Die Gestapo wurde tätig und verhaftete Leist. „Denen habe ich gründlich
meine Meinung gesagt“ kommentierte der streitbare
Gottesmann nach seiner Rückkehr. Leist wurde wegen diesem Vorfall vor
das Gericht in Neustadt zitiert, von wo aus man ihn ins KZ nach Dachau überführen
wollte, es aber am Ende bei einer Geldstrafe von 500 Reichsmark „wegen
Nichterwiderung des deutschen Grußes“ beließ.
- Am 22. März 1945 rückten
amerikanische Truppen nach Bruchweiler vor, einen Tag später besetzten sie den
Ort, ohne auf Widerstand zu stoßen. Die Amerikaner ernannten Pfarrer Leist zum
Bürgermeister, was er bis 1946 auch blieb.
- Im Herbst 1947 fand
sich Leist dann vor einem französischen Militärgericht in Neustadt wieder, wo
er wegen Aufnahme von deutschen Soldaten, die aus französischer Gefangenschaft
geflohen waren, zu vier Monaten Gefängnis verurteilt wurde.
- Nach dem Ende des
zweiten Weltkrieges waren viele deutsche Soldaten an der Westfront in französische
Gefangenschaft geraten. Immer wieder versuchten Inhaftierte aus den Lagern zu
fliehen, um in die Heimat zurückzukehren. Dabei führte der Weg oft über
Bruchweiler, denn es hatte sich inzwischen herumgesprochen, das der dort lebende
Ortspfarrer den Flüchtlinge Hilfe gewährte.
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- Flüchtlingen
geholfen
- In einem
Kalenderbuch aus dem Jahr 1946 haben sich die Kriegsgefangenen eingetragen, die
in Bruchweiler Hilfe erfuhren. Auf der ersten Seite hat Erich Elmers aus Bremen
am 25 August 1947 niedergeschrieben, was viele der Flüchtlinge bewegte. „An
dieser Stelle möchte ich im Namen aller Kameraden, die vor und nach mir in
diesem Hause von dem liebenswürdigen Herrn Pfarrer und seiner hilfsbereiten
Bruchweiler Bevölkerung körperlich, vom ersten vor allem seelisch, erfrischt
wurden, diesen guten Menschen und wahren Christen meinen herzlichsten Dank
aussprechen. Vor allem mich, der in den langen Jahren der Gefangenschaft in
tiefster Seele schon fast verhärtet war, hat dieser Empfang nach den ersten
Schritten auf deutschem Boden tief bewegt und so Gott will, eine seelische
Gesundung eingeleitet.“
- Es folgen die Namen
von 532 Männern aus ganz Deutschland, die für kurze Zeit auf ihrem Weg zu
ihren Familien in Bruchweiler Station machten, im Pfarrhaus, in der Kirche und
selbst im Glockenturm versteckt, mit Nahrung und Kleidung versorgt wurden,
bis sich eine Möglichkeit zur Weiterreise ergab.
- Einige Flüchtlinge
wurden auf ihrer weiteren Flucht aufgegriffen, so dass die Alliierten schon bald
erfuhren, wo sie Unterschlupf gefunden hatten. Es kam zu einer Hausdurchsuchung
im Bruchweiler Pfarrhaus, bei der man auch Flüchtlinge entdeckte. Leist wurde
daraufhin verhaftet und in das Militärgefängnis nach Neustadt gebracht, wo er
verurteilt wurde. Von den vier Monaten Gefängnis gewährte man für drei Monate
Strafaufschub. Strafmildernd wirkte sich bei dem Urteil aus, dass Leist während
des Krieges auch französische Soldaten aus deutscher Kriegsgefangenschaft über
die Grenze nach Frankreich geschleust hatte.
- Für Leist machte es
keinen Unterschied, welche Nationalität oder welche Konfession die
Hilfesuchenden vorzuweisen hatten. Er lebte und handelte unbeirrt nach seiner
christlichen Überzeugung. Zeitzeugen berichten, dass die Hilfe die Leist den
französischen Soldaten gewährte, von ihm nicht als Widerstand gegen Hitler
gewertet wurde. Er half, ebenso wie den deutschen Soldaten, aus Mitgefühl und
Mitmenschlichkeit. Dass er dabei mehr als einmal sein Leben aufs Spiel setzte,
hat ihn dabei nicht beirrt. Sein Handeln macht der Nachwelt jedoch deutlich,
dass in einem Regime wie dem
des Nationalsozialismus alles Handeln eines wahren Christen zum Widerstand wird.
- Leist durfte nach
all den Vorkommnissen nicht in Bruchweiler bleiben und wurde zum 1. Oktober 1947
nach Weidenthal versetzt. Am 29. Oktober 1971 verstarb der Pfarrer, der drei
Jahre zuvor in den Ruhestand gegangen war, in Marpingen. Bis zu seinem Tod haben
viele der Bruchweilerer Gemeindeglieder den Kontakt zu ihrem bemerkenswerten
Pfarrer gehalten.