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- Bereits 1950 verließ Gertrud
Zwick Bruchweiler, um dem nach Weidenthal versetzten Pfarrer Eduard
Leist den Haushalt zu führen. Drei Jahre blieb sie noch bei ihm, dann
wechselte sie die Stelle. Heute ist sie 78 Jahre alt, doch von ihrer
Energie könnte sich manch Junge eine Scheibe abschneiden. Sie backt ihr
Brot selbst, hält Hühner, zieht Salat und Gemüse hinter dem Haus und
hat dem Stadtchef Manfred Schreiner schon klar und deutlich ein paar
Takte zu dem ihrer Meinung völlig fehlgeplanten neuen Friedhof gesagt.
Politik hat sie ein Leben lang interessiert. Im Elternhaus wählte
man konservativ, den Nazis gegenüber war man skeptisch eingestellt. Spätestens als die große Schwester, eine Ordensfrau, von ihrem Orden
mit ziviler Kleidung versorgt wurde, wusste man, aus welcher Richtung
der nationalsozialistische Wind wehte.
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- Ja, in Bruchweiler, da habe es
schon einen massiven passiven Widerstand gegeben, sagt sie. „Der 9.
November und der 1. Mai waren die Feiertage des 'Herrn' Hitler. An
diesen Tagen sind wir immer ganz demonstrativ mit Holzschuhen, die man
sonst nur zum Stallausmisten anzog, durchs Dorf gelaufen“, schmunzelt
Gertrud Zwick, die sich im Wahljahr 1933 nachts mit ihrer Schwester auf
den Weg durchs Dorf machte, um aus Hitlers „Liste 1“ eine „Liste
4“ zu machen. „Vier war Zentrum. Meine Schwester hat gemalt und ich
hab’ den Farbeimer gehalten.“ Sie erinnert sich auch an den
damaligen Einnehmer Eisel, der den Hitlergruß stets verweigerte und erzählt
von einer Beerdigung in Lohr, wo ein Teil der Bruchweilerer während des
Krieges evakuiert war. Da habe ein Mann vom Haarder Hof bei einer
Beerdigung den Rosenkranz gebetet, obwohl es ihm streng verboten worden
war. „Wir sind Katholiken und beten den Rosenkranz“, habe er gesagt.
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- „Die Mutter ist zornig geworden,
als ihr jemand anriet Unterstützung beim Winterhilfswerk für unsere
kinderreiche Familie zu beantragen. Von denen hat die Mutter nie etwas
gewollt“, sagt Gertrud Zwick.
- Schon während des Krieges hat sie
im Haushalt des streitbaren Pfarrers Eduard Leist, der mit den Nazis auf
Kriegsfuß stand, geholfen. Einmal sei die Gestapo gekommen und habe ihn
verhaften wollen. „Zum Glück waren damals einige Soldaten auf
Heimaturlaub da. Die haben sich vorm Pfarrhaus aufgebaut und gesagt:
‚Wir kämpfen an der Ostfront für Deutschland und lassen uns in der
Heimat nicht den Pfarrer verhaften.’ Da sind sie wieder abgezogen, die
Nazis“, erzählt sie, die sich mit Händen und Füssen dagegen wehrt,
dass man sie als „alte Dame“ bezeichnet. „Alt ja, aber eine Dame
nein“, lacht sie aus vollem Herzen. Sie sei ein Kind der Region und
stehe mit beiden Beinen auf dem Boden, sagt sie.
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- Sie erinnert sich auch noch an den
Tag, als die französischen Soldaten den Pfarrer und sie selbst
verhafteten und nach Neustadt ins Gefängnis brachten. Das war nach dem
Krieg, als Pfarrer Leist nicht länger französischen Kriegsgefangenen
helfen musste, dafür aber immer mehr Deutsche aus französischen
Gefangenenlagern vor seiner Tür standen und um Hilfe baten. Für die
habe man nachts Uniformen eingefärbt, um sie einkleiden zu können,
sagt sie.
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- Gertrud Zwick selbst war an diesem
Morgen im Pfarrhaus mit Bügeln beschäftigt, als sich zwei Soldaten mit
aufgepflanztem Bajonett vor der Tür des Pfarrhauses postierten. Noch am
Morgen hatten sie und der Pfarrer zwei deutsche Gefangene mit
Kleidung und Geld für die Heimreise ins Landesinnere ausgestattet.
„Und die beiden haben sie dann erwischt und herausgefunden, wo sie her
kamen“, erzählt sie. „Mich haben sie mitgenommen und den Herrn
Pfarrer haben sie aus der Schule geholt“, erinnert sie sich. Leist
habe dann darum gebeten, sich noch umziehen zu dürfen. Dabei schaffte
er jenes Kalenderbuch in
den Garten, in
dem alle Kriegsgefangenen eingetragen waren, denen man in Bruchweiler geholfen
hatte. Dort nahm es die Schwester von
Gertrud, die „Reinig Gretel“ an sich. Später habe man es dann nach
Speyer gebracht. „Das wär’ was gewesen, wenn die Franzosen dieses
Buch in die Finger bekommen hätten. So ging es nur um die beiden
Gefangenen vom Morgen“, sagt Gertrud Zwick.
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- 14 Tage saß sie in Neustadt im
Gefängnis. Schmunzelnd erinnert sie sich heute an ihre Zeit im
Kittchen. „Jeden Morgen wurden wir auf die Sûreté geführt und
immer wieder das Gleiche gefragt. Aber ich hab’ nichts gesagt und der
Herr Pfarrer auch nicht." Fügung oder Glück: Gertrud teilte sich die
Zelle mit einer Bäuerin, die wegen unerlaubtem Waffenbesitz eingesperrt
war. Die Familie der Bauersfrau versorgte die Gefangenen von außen.
„Aber es gibt noch heute Sachen, die ich einfach nicht essen kann“,
sagt sie und rümpft die Nase. Dann deckt sie, die fast ein ganzes Leben
lang für andere gesorgt hat, den Tisch, weil Essen und Trinken halt
Leib und Seele zusammen hält und es sich bei einer guten Tasse Kaffee
besser erzählen lässt. Glimpflich ausgegangen sei die Sache nur, weil
ein französischer Offizier von der Inhaftierung Leists erfahren und für
ihre Freilassung gesorgt habe, sagt Zwick. Der Franzose hatte während
des Krieges als Zwangsarbeiter in Bruchweiler
gelebt und den immer hilfreichen Pfarrer kennen und schätzen
gelernt.
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