Wacht seit vielen Jahrhunderten über Rumbach: Die Christuskirche, früher dem heiligen Gangolf geweiht. Wahrscheinlich wurde die Kirche auf dem Gelände eines germanischen Heiligtums gebaut.
 
Die Rumbacher Christuskirche - ein Kleinod der Pfalz
 
Name "Sankt Gangolf" blieb Jahrhunderte erhalten - Kirche trotz früher Reformation erst 1957 umbenannt
 
Eine der ältesten Kirchen der Pfalz steht in Rumbach, nahe der französischen Grenze. Verwunderlich ist, dass die kleine Gemeinde zwar schon um 1533 reformiert wurde, ihre Kirche aber bis ins Jahr 1957 ihren alten Namen St. Gangolfskirche behielt. Erst nach ihrer Renovierung, bei der unter dem Putz ungewöhnlich gut erhaltene Fresken zutage traten, wurde sie in Christuskirche umbenannt.
Immer wieder stoßen wir auf Gangolfskirchen in Verbindung mit dem Benediktinerorden. Im Jahr 1129 schenkte Gottfried von Fleckenstein sein Hofgut Schönau samt dem umliegenden Wald der elsässischen Benediktinerabtei St. Walburg bei Hagenau.
Sagen von Quellen und Weihern
In Erzählungen von alten Rumbacher Bürgern wird immer wieder die Gangolfsquelle von Rumbach erwähnt. Ob diese zugeschüttet ist oder ob es sich dabei um die kleine Quelle in der Nähe der Kirche handelt, kann man heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Auch vom Gangolfsweiher ist die Rede, der dort angelegt gewesen sein soll wo sich heute die Gangelswies zwischen Rumbach und Bruchweiler befindet. Auf jeden Fall aber ist die Rumbacher Sage von der Gangolfsquelle eine deutliche Querverbindung zu der legende des heiligen Gangollf, in der eine wundersame Quelle im Mittelpunkt steht (siehe unten).
Quellen und Pferdeprozessionen haben viele Gangolfskirchen gemeinsam. Es ist bekannt, dass es auch in Rumbach Pferdeprozessionen gegeben hat. Viele Dokumente sind durch Krieg, Feuer und den Eifer der Reformatoren vernichtet worden. Zwar ist die Rumbacher Kirche nie den Wechselbädern ausgesetzt gewesen, die Kirchengebäude in anderen Gemeinden erlebten, die schon nach wenigen Jahren dem neuen Glauben wieder abschwören mussten, nur um kurze Zeit später wieder zur reformierten Kirche zu gehören. Dennoch sind die Quellen über Rumbach spärlich, die Geschichte auch noch zu wenig erforscht, um genaue Angaben machen zu können.
Ein Visitationsbericht, der etwa 300 Jahre nach der Reformation verfasst wurde, gibt uns einen kleinen Einblick in das damalige Geschehen rund um die heutige Christuskirche. In diesem Bericht wird beanstandet, dass immer wieder Wallfahrer von weit her nach Rumbach kämen und sich nach Aussage der Dorfbevölkerung auch nicht abweißen ließen.
Vor dem 30jährigen Krieg monierten die Kirchenräte bei einer Kontrolle, dass die Statue des heiligen Gangolf noch immer den Kirchenraum ziere. Sie wurde auf Veranlassung der Inspektoren auf die Wegelnburg geschafft, wo sie bei der Brandschatzung marodierender Soldadeska des Sonnenkönigs Ludwig bei der Verwüstung der Burg mit in den Flammen aufging. Oft sind die Reliquien in die Heiligenstatuen eingearbeitet. Vielleicht war dies auch bei der Statue des heiligen Gangolfs der Fall. Vielleicht finden sich irgendwann einmal Unterlagen, die dies belegen können. Vorerst bleibt alles reine Spekulation, mögen die Vermutungen auch noch so wahrscheinlich sein.  
 
Farbenprächtiges Fresko in der Rumbacher Dorfkirche.
 
Hammeltanz am Kerwesonntag
Vorerst bleibt es auch reine Vermutung, dass die Rumbacher Kirche auf einst heiligem germanischen Grund erbaut ist. „Wohl sind die Götzenbilder zu vernichten, nicht aber die Tempel und Stätten der Götzenverehrung“, heiß es in einer Anweisung Papst Gregors I. an seine Missionare. Die junge Kirche besaß damals noch genügend Toleranz, Klugheit und pädagogisches Geschick, liebgewonnene Anschauungen und Gebräuche bestehen zu lassen. Und so entstanden inmitten der Heiligen Haine und an den heiligen Quellen unserer germanischen Vorväter die ersten christlichen Kirchen. Man nahm Odin sein weißes Pferd und gab es dem heiligen Martin, Leonhard oder Gangolf. Man formte die Schlachtopferfeierlichkeiten um und erhielt die Kirchweihtage – die Kerwe. Bis in die 60er Jahre feierte man in Rumbach den Hammeltanz am Kerwesonntag.
Vieles spricht dafür, dass es sich bei dem Grund, auf dem die Kirche steht, um heiligen Grund der Germanen gehandelt hat: Die Pferdeweihe, der Hammeltanz und die Gangolfsquelle. Dass die Gangolfskirche zu Rumbach als Wallfahrtsort früher große Bedeutung hatte, ist aus den alten Unterlagen zu ersehen. Und mit Sicherheit birgt die Kirche noch viele Geheimnisse, die vielleicht auf die ein oder andere Weise eines Tages ihren Weg ans Licht finden.
 
 
1957 wiederentdecktes Fresko.
 
Nach Gottesurteil gegen Ehefrau vom Nebenbuhler erschlagen
Legende beschreibt Gangolf als leidenschaftlichen Jäger und Ritter – Quelle gekauft und auf wundersame Weise nach Hause gebracht
 
Gangolf, der frühere Schutzpatron der Rumbacher Dorfkirche, im einst so mächtigen und heute sagenumwobenen Burgund unter dem Hausmeier Pippin, dem Sohn Karl Martells. Er entstammte einem alten Geschlecht und besaß große Güter in der Nhe von Avalon und Varennes, welches später traurige Berühmtheit durch die Gefangennahme Ludwigs XVL erlangte.
Das genaue Geburtsdatum Gangolfs ist heute nicht mehr festzustellen, da die Burgunder im Gegensatz zu den Langobarden oder auch den Franken nicht über eine Geschichtsschreibung verfügten.
Dokumente aus dem Jahr 716 belegen allerdings, dass die Familie Gangolfs in der Gegend um Langres sesshaft war. Unter anderem wird auch eijn Kloster erwähnt. Ob es sich dabei um eine Gründung von Gangolfs Familie handelt, ist nicht nachzuweisen. Sicher ist jedoch, dass König Pippin am 13. August 762 in Prüm dem Ritter Gangolf eine Schenkungsurkunde überreichte in der jenes Kloster reichlich mit Gütern ausgestattet wurde.
Der Legende zufolge bricht Gangolf danach auf und macht sich auf den Heimweg nach Varennes, wo er den Ehebruch seiner Frau entdeckt. Der Liebhaber soll ein Kleriker gewesen sein. Dies klingt heute dramatischer als es damals war. Längst hatten führende Adelige erkannt, dass die reiche Frankenkirche für ihre nicht erbberechtigten Söhne reiche Pfründe bot. Und so sicherten sich die adeligen Herren Posten und Pöstchen, ohne von ihrem gewohnten Lebensstil, verbunden mit Jagd, Kampf und Saufgelagen abzulassen. Viele Kleriker waren verheiratet – eine Tatsache gegen die Erzbischof Bonifatius, ein Zeitgenosse Gangolfs, immer wieder ankämpfte.
Eine etwa 150 Jahre nach dem Tode Gangolfs entstandene Lebensbeschreibung, diue sogenannte „Vita I“, ist das älteste Dokument über Gangolf. Alle früheren Dokmente sind wahrscheinlich bei den großen Normanneneinfällen vernichtet worden. Der Verfasser war entweder Kleriker der Benediktiner in Varennes, in der Gangolf begraben ist, oder er stand dieser Kirche zumindest sehr nah, wie seine genauen Kenntnisse beweisen.
 
Grabplatten an der Außenmauer der Kirche.
Wasser fließt ohne Unterlass
Dieser ersten Lebensbeschreibung zufolge lag die Kirche mitten im Wald, Helm, Panzer, Schwert und Armschiene des Verstorbenen wurde darin aufbewahrt und „die Quelle floss, ohne zu versiegen.“ Dieser Kirche, einer Kirche des Benediktinerordens, hatte Gangolf sein gesamtes Vermögen hinterlassen.
Gangolf wird als leidenschaftlicher Jäger und tapferer Offizier beschrieben. Auf seinem Heimweg von Prüm, so der unbekannte Autor, kaufte er eine Quelle, die er auf wundersame Weise in die Heimatstadt überführte. Eben jene Quelle nahe der Peterskirche bei Varennes. Bei seiner Heimkehr überführte er durch ein Gottesgericht seine Ehefrau des Ehebruchs. Aus seiner Quelle musste sie einen Stein holen. Dabei verbrannte sie sich die Hand. Gangolf verstieß sie, sicherte aber ihren Lebensunterhalt und zog sich auf seine Güter in Avalon zurück. Hier wurde er im Schlaf vom Ehebrecher überfallen und so schwer verletzt, dass er wenige Tage später, am 11. Mai 763, starb. Der Mörder wurde hingerichtet, die Ehebrecherin soll bis an ihr lebensende mit einer beschämenden Krankheit geschlagen gewesen sein.
Schon beim Begräbnis Gangolfs sollen sich wunderbare Gebetserhörungen ereignet haben. Der Bischof Gerhard von Toul überführte etwa 200 Jahre später die Reliquien in seine Stadt. Später schaffte man, aus Angst vor den Normannen, die sterblichen Überreste Gangolfs weiter ins Landesinnere. Auf diese Weise wurden sie überall verteilt. So kamen einige Teile nach Florinnes-Florin bei Lüttich in Belgien, wo sich 1045 laut Bericht des Abtes Gonzo große Wunder ereignet haben sollen. In einer Handschrift aus dem Benediktinerkloster Schönau aus dem Jahr 1164 wird die Gangolfsverehrung für unseren Raum dokumentiert.
Reliquien in Europa verstreut
Durch Kriegswirren und Schenkunken sind die Reliquien Gangolfs über ganz Europa verstreut, beispielsweise in Trier, Bamberg, Köln und Prag. Aber auch der wintige Ort Wolpertswende bei Aulendorf besitzt laut den Recherchen Ferdinand Meyers aus dem Jahre 1946 eine Reliquie. Ein Anruf beim Pfarramt ergab, dass der Ort zwar ein Kreuz aus dem 13. Jahrhundert besitzt, von einer Reliquie ist heute aber nichts mehr bekannt.
Ob eine Kirche eine Reliquie besitzt, ist nicht abhängig von ihrer Größe. Es scheint wahrscheinlich, dass sich auch in Rumbach, in der kleinen Wallfahrtskirche ganz in der Nähe des Benediktinerklosters von Hagenau einst eine solche Reliquie befunden hat.  
 
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veröffentlicht in:
Die RHEINPFALZ
vom 14. Oktober 1995
© Lilo Hagen
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