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Der Brunnenplatz im Oberdorf wird an die Schweizer Einwanderer erinnern, die nach dem 30-jährigen Krieg das fast ausgestorbene Dörfchen wieder zu neuem Leben erweckten.
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Die Gestaltung des Brunnens am Rathaus soll an die Zeit erinnern, in der Rumbach noch zu Frankreich gehörte. 
Brunnen sollen die Dorfgeschichte erzählen
Kinder- und jugendfreundliche Dorferneuerung in Rumbach - Die Jugend geht auf „Zeitreise"

„Zeitreise" heißt das Konzept, mit dem Rumbach als einzigste Gemeinde aus der Südwestpfalz im diesjährigen Landeswettbewerb „Kinder- und jugendfreundliche Dorferneuerung" den dritten Preis gewonnen hat. „Das Preisgeld versetzt die Ortsgemeinde in die Lage, mit der Umsetzung des Konzeptes zu beginnen", sagte Ortsbürgermeisterin Heidelinde Koslowski gegenüber der PZ.
Zusätzlich zum Preisgeld erhält die Gemeinde die Möglichkeit, eine Zukunftswerkstatt auszurichten, um die bestehenden Leitbilder für eine kinder- und jugendfreundliche Dorferneuerung weiterzuentwickeln. Am 30. August wird Koslowski mit einer Abordnung der Jugendlichen den Preis in Landau in Empfang nehmen.
Das Konzept, mit dem die Rumbacher Jugend dem Dorf ihren Stempel aufdrücken möchte, entstand während dem Ausbau der Ortsstraße. Im Rahmen dieser Maßnahme wurden auch die historischen Ortsbrunnen restauriert, wobei die Jugendlichen bei der Neugestaltung der Brunnenplätze mit eigenen Ideen einbezogen wurden. Wenn in Rumbach am 4. Juli die Ortsstraße offiziell wieder für den Verkehr frei gegeben wird, soll das Vorhaben vorgestellt und den Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, sich ebenfalls einzubringen.
Unter dem Motto „Zeitreise" haben die Jugendlichen Ideen entwickelt, die weit über die ursprünglich gestellte Aufgabe hinausgehen und bei dem sowohl die teilweise aus dem 18. Jahrhundert stammenden Häuser und der Dorfpark, als auch die Stromkästen mit einbezogen werden sollen.
Mit der Gestaltung der Brunnenplätze wollen die jungen Leute die Vergangenheit des kleinen Dorfes wieder lebendig werden lassen. Die Gemeinde verfügt über sieben Brunnen und eine Kneipp-Anlage, an der eine Installation, basierend auf den Ergebnissen der Dorfkonferenz, einen aus Sicht der Jugendlichen gesehenen Einblick in eine mögliche Zukunft Rumbachs geben soll.
Der Brunnenplatz im Oberdorf wird an die Schweizer Einwanderer erinnern, die nach dem 30-jährigen Krieg das fast ausgestorbene Dörfchen zu neuem Leben erweckten. Die Bänke sollen in den Farben der Schweizer Flagge gestrichen werden, ein im Dorf lebender Kettensägeschnitzer hat sich bereit erklärt, mit der Gestaltung von zwei oder drei Ziegen die Schweizer Bergwelt in die Pfalz zu bringen. Wie auch an allen anderen Brunnen soll eine Info-Tafel über die Vergangenheit Auskunft geben.
Noch heute zeugen Namen wie Grüny, Friedly, Jacky, aber auch Perret von den Ende des 17. Jahrhunderts eingewanderten Schweizer Familien. Die von ihnen erstmals angelegten Terrassenfelder, durch die die Erträge in der Landwirtschaft erheblich gesteigert werden konnten, prägen noch immer die Rumbacher Gemarkung.
An der Rathausquelle sollen nicht nur die in den Farben der Trikolore gestrichenen Ruhebänke den Vorfahren, die zeitweise Franzosen waren, Tribut zollen. Eine Tafel wird über die Expansionspolitik Ludwig XIV. informieren, der nach dem 30-jährigen Krieg auch das Amt Wegelnburg besetzen ließ. 130 Jahre stand die Region unter französischer Oberherrschaft und erst nach dem Wiener Kongress wurde Rumbach, das von da an zum Amt Dahn gehörte, wieder deutsch, oder besser gesagt: königlich-bayrisch.
In der Nähe des Brunnens in der unteren Dorfstraße stehen die Häuser von drei ehemaligen Bürgermeistern und darum soll er, in Ermangelung eines eigenen Namens, künftig „Alter Bürgermeister-Brunnen" benannt werden. Der Brunnenplatz wird an die Zeit erinnern, als der Wald noch die Menschen ernährte und dafür sorgte, dass Rumbach zu den reichsten Gemeinden der Region gehörte. 1859 waren lediglich neun Hektar des Rumbacher Waldes, der zeitweise den gesamten Holzbedarf der Umgebung deckte, in privatem Besitz. Die Arbeiten in der Waldwirtschaft wurden ausnahmslos von den Dorfbewohnern verrichtet, der Holzeinschlag fand im Winter statt, wenn die Bauern genügend Zeit für diese Arbeit hatten.
Schon der Name Rumbach deutet auf die Bedeutung des Holzes für die Gemeinde hin. Die ältesten Nennungen als „Ronebach" in den Originalurkunden zeigen, dass der Bach, an dem sich das Dorf entwickelte und dessen Namen auf die Siedlung überging, im Bestimmungswort seines Namens das mittelhochdeutsche Wort „rone" enthält, was „umgestürzter Baumstamm", „Baumstrunk" und „Klotz" bedeutet. Revierleiterin Bettina Weber hat sich bereit erklärt, den Jugendlichen mit Rat und Tat bei der Gestaltung dieses Platzes zur Seite zu stehen.
Für die fachliche Beratung bei der Ausgestaltung des Brunnens hinter den Häusern Ortsstraße 1 und Hauptstraße 24 konnte Horst Koßmann vom Landesfischereiverband gewonnen werden. Das sogenannte „Schöpp-Loch" war einst nicht nur Waschplatz, an dem die Rumbacher Frauen an bestimmten Tagen ihre Wäsche wuschen, sondern wurde auch als Fischbecken genutzt. Dies garantierte, dass die im Rumbächel gefangenen Fische frisch auf den Tisch kamen. Die Geschichte macht deutlich, dass der Fischreichtum für die Region von großer Bedeutung war, denn der Herzog von Zweibrücken verdankte einen hohen Teil seiner nicht unbeträchtlichen Einnahmen im Amt Wegelnburg der großen Zahl ausgezeichneter Fischweiher, den „Wögeln", die letztlich auch der Wegelnburg ihren Namen gegeben haben. Die Rumbacher hatten von diesem Reichtum, im Rumbächel wimmelte es 1559 von Ehrlingen und Grundeln, allerdings wenig, da das Fischen in fließenden Gewässern dem Landesherrn vorbehalten war und für die Dorfbewohner ein strenges Fischverbot galt.
Am Radweg wurde erst vor kurzem von den Rentnern des Dorfes ein neuer Brunnen aufgebaut. Sein Trog stammt aus dem Gienanthschen Eisenwerk in Schönau und daher soll der Brunnenplatz die Geschichte dieser 1545 erstmals urkundlich erwähnten, für die Region bedeutende Schmelzhütte und der damit eng verbundenen Holzköhlerei erzählen. Die Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten, kostengünstigeren Verhüttungsverfahren mit dem aus Kohle hergestellten Koks besiegelten nicht nur den Untergang des Eisenwerks in Schönau, sie vernichteten auch das Jahrtausende alte Handwerk der Köhler.
Eine Hommage an die Auswanderer in die neue Welt soll der Platz des Brunnens am Schützenhügel werden. Die Auswanderungen zwischen 1830 bis 1903 ließen die Einwohnerzahlen in Rumbach um 182 Personen auf 403 schrumpfen. Für diesen Zeitraum sind 276 Auswanderer amtlich erfasst, die Zahl dürfte jedoch angesichts der zahlreichen schwarz ausgewanderten Personen in jenen Tagen deutlich höher liegen.
Einer der berühmtesten Auswanderer, der seine Wurzeln in Rumbach hatte, war der 1697 geborene Journalist Johann Peter Zenger, der in einem aufsehenden Prozess der Pressefreiheit in der späteren USA auf die Sprünge half.
Aufbauend auf einem bereits bestehenden Konzept, das den Eigentümern der historischen Häuser auf eigene Kosten ermöglicht, Hinweistafeln mit dem Entstehungsdatum und einem kleinen geschichtlichen Abriss an ihren Häusern anzubringen, sollen auch die öffentlichen Gebäude, wie die Christuskirche, das Rathaus, die alte Einnehmerei und die Lagerschuppen des ehemaligen Rumbacher Bahnhofs mit Hinweistafeln ausgestattet werden. Diese sollen in Workshops von den Jugendlichen erarbeitet werden.
Ziel sei es dabei auch, den Jugendlichen die Geschichte ihres Dorfes näher zu bringen. „Dem, was man kennt, fühlt man sich verbunden", so Koslowski, die mit nicht ganz unberechtigter Sorge in die Zukunft schaut. „Es ist zu befürchten, dass angesichts der weiter steigenden Benzinpreise immer mehr junge Leute in die Nähe ihres Arbeitsplatzes ziehen", erklärte sie. Rund 80 Prozent der Bürger sind Pendler und fahren täglich zu ihrem Arbeitsplatz nach Wörth, Germersheim, Karlsruhe und selbst nach Ludwigshafen. „Wer die Vorteile Rumbachs als Wohngemeinde erkennt, wird eher breit sein, die Unannehmlichkeiten und die Kosten des Pendelns auf sich zu nehmen", so die Hoffnung der Bürgermeisterin.
Bereits um 900 stand an der Stelle der heutigen mittelalterlichen Wehrkirche eine dem heiligen Gangolf geweihte Wallfahrtskapelle. 1435 ließ Herzog Stefan die im Jahr 1150 neu erbauten Wallfahrtskirche nach Westen um 4,50 Meter verlängern und über dem Chor den heutigen Kirchturm mit zwei Meter dicken Mauern als Wehrturm erbauen. Diese erweiterte Kirche steht bis auf wenige Veränderungen bis heute. Der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandene, für eine so kleine Gemeinde äußerst prächtige Rathausbau im Stil der Gründerzeit ist der Beweis für den einstigen Reichtum Rumbachs.
Die Schulgeschichte Rumbachs erzählt dagegen nicht nur die alte Einnehmerei, die 1822 als Schulhaus mit Lehrerwohnung erbaut wurde, sondern auch das 1953 als Schule eingeweihte Dorfgemeinschaftshaus. Auch das alte Pfarrhaus, das Ärztehaus und das Kelterhäuschen sind Zeugen einer bewegten Geschichte. Nur wenige wissen noch, dass das Feuerwehrhaus einst ein Gefängnis war, in dem in den 30er Jahren eine Milchsammelstelle eingerichtet wurde. 1816 wurde die heute noch bewohnte Rumbacher Mühle erbaut, an das Mühlrad erinnert allerdings nur noch eine Zeichnung des Heimatmalers Erich Löscher. Bis 1848 verfügte Rumbach auch über eine eigene Ölmühle, in der aus dem in der Umgebung angebauten Raps Öl gepresst wurde. Angetrieben wurde das Mühlrad übrigens von einem Schimmel, der mit verbundenen Augen stets im Kreis lief.
Längst vergessen ist das inzwischen abgerissene öffentliche Backhaus, dessen Geschichte ebenso wieder ins Bewusstsein geholt werden soll wie die der Bäckerei, die einmal dem Heimatmaler Erich Löscher gehörte.
Neben dem ehemaligen Zollhaus, dem alten Forsthaus und der alten Post dürfte die ehemalige Schuhfabrik von besonderem Interesse sein, denn der 1957 fertiggestellte Bau wurde von der Gemeinde vorfinanziert, um Arbeitsplätze für die Dorfbewohner zu schaffen.
Der alte Gasthof Kern, das Gebäude ist heute sehr vernachlässigt und verwahrlost, war einst Dreh und Angelpunkt des Dorflebens. Hier wurde getanzt, geflirtet, so manche Ehe geschlossen und nicht nur sonntags am Stammtisch handfeste Politik gemacht. Bis Ende des 19. Jahrhundert gehörte zu dem Gasthaus eine eigene Brauerei und es gab nachweislich oberhalb der Kirche einen fachgerechten Hopfenanbau.
Auch an die Schrecken des Dritten Reichs wollen die Jugendlichen erinnern. Wo heute der TuS Rumbach trainiert und Tore schießt, war mit über zehn Wohn- und Wirtschaftsbaracken ein Lager für den Arbeitsdienst eingerichtet. Die drei Häuser der Lagerleitung stehen noch heute und sind bewohnt. Gegenüber, im Tal gegen Avishald, war ein zweites, sogenanntes B-Lager mit zwölf Wohn- und Wirtschaftsbaracken aufgebaut. Rumbach glich damals einem kleinen Garnisonsort, denn aus ganz Deutschland kamen junge Männer, um hier ihren Arbeitsdienst zu leisten. Mit Ausbruch des Krieges wurde das A-Lager von der Organisation Todt, die mit dem Bau des Westwalls beauftragt war, übernommen, im B-Lager wurden Kriegsgefangene interniert.
Wichtig war den Jugendlichen, in Anlehnung an die Aktion „Kunst unter Strom" der Stadt Dahn, die Stromkästen in Rumbach mit in das Konzept einzubeziehen - und das nicht nur vor dem Hintergrund, dass Rumbach 1923 eine der ersten Gemeinden in der Region war, die an das öffentliche Stromnetz angeschlossen wurde. Die Ortsbürgermeisterin will die zur Bemalung der Kästen nötige Genehmigung bei den Pfalzwerken einholen, der in der Jugendarbeit sehr erfahrene Münchner Graffiti-Künstler Frank Smuchal wird die Jugendlichen bei der Bemalung der Kästen anleiten.
veröffentlicht in:
Pirmasenser Zeitung
vom 3. Juli 2008
© Lilo Hagen