Die Wasgenwaldbahn verkehrte einst von
Bundenthal nach Ludwigswinkel - Erste Pläne zur Wiederbelebung
Zur Erinnerung an den Bau der
Wasgenwaldbahn entstand im Jahr 1926 dieses Gruppenfoto.
Mit dabei der frühere Rumbacher
Bürgermeister, Fritz Perret, der zeitweise den Posten des
Bremsers inne hatte.
Kaum einer kann sich heute noch an die
Wasgenwaldbahn erinnern, die in den Zwanziger Jahren des letzten
Jahrhunderts mit einer Streckenlänge von 14,4 Kilometern Bundenthal mit
Ludwigswinkel verband. Ihr Bau, eine Reparationsleistung des Deutschen
Reiches an die Franzosen, die als Sieger des 1. Weltkrieges in
Ludwigswinkel ein Truppenübungslager unterhielten, wurde von der Bevölkerung
vor Ort heftig bekämpft – und als am 31. Oktober 1930 der Betrieb des
inzwischen auch für den Personenverkehr geöffneten Bähnels eingestellt
wurde und es mit seinem Salonwagen das letzte mal von Ludwigswinkel nach
Bundenthal fuhr, standen die Menschen an der Bahnstrecke, um gegen die
Stilllegung zu demonstrieren. Jetzt gibt es erste Pläne, die Bahn als
Touristenattraktion wieder zu beleben.
Auch wenn die Wasgenwaldbahn im Versailler
Vertrag nicht erwähnt ist, so bot der Artikel 375, wonach „Deutschland
die Anweisungen auszuführen hat, die ihm hinsichtlich der Beförderung
durch eine im Namen der Alliierten und Assoziierten Mächte handelnden Behörden
gegeben werden“, die Grundlage für die Forderung der Franzosen. Weiter
heißt es dort unter anderem, dass für die Beförderung von Truppen,
Material, Munition und Proviant für die Armeen zu sorgen sei.
So wurde der Bau einer kleinen Materialbahn
in einer Spurbreite von 600 mm vom Bahnhof Rumbach-Bundenthal ins
Truppenlager nach Ludwigswinkel gefordert. Obwohl im Ludwigswinkler Lager
die ersten Häuser und Baracken bereits bezogen waren, ging es mit dem Bau
der Bahn recht schleppend voran. Zum einen, weil die Einheimischen das für
den Bahnbau notwendige Gelände nicht abgeben wollten, zum anderen musste
wegen dem Boykott der Staatseisenbahn das gesamte Baumaterial,
insbesondere Schotter und Steine aus den Steinbrüchen bei Deidesheim, mit
Ochsenkarren herbeigeschafft werden.
Am Ende forderten die Franzosen einen neuen
Amtsvorstand für das Reichsneubauamt, dem der Bau der Bahn unterstellt
war. 1921 übernahm der junge Regierungsbaumeister Sturm Kegel die Leitung
des Amtes und brachte frischen Wind in die Angelegenheit.
Die Trasse war zu dieser Zeit, den Wünschen
der Franzosen entsprechend, bereits von einem Landauer Vermessungsbüro
ausgearbeitet worden. Doch die Streckenführung unten im Tal bedeute für
die armen Waldbauern einen großen Verlust, zerstörte sie doch ein äußerst
ausgeklügeltes Bewässerungssystem ihrer Felder. Bei dem für Rumbach
typische „Rückebau“ wurde das Gelände rechtswinkligzum Bachlauf in flachen Rücken aufgeworfen, an deren Flanken in
kleinen Stichkanälen das Bachwasser abgeleitet wurde. Zurgleichmäßigen und gerechten Bewässerung waren in den Stichkanälen
kleine Wehre eingebaut, die nur an bestimmten Wochentagen und zu
bestimmten Tageszeiten geöffnet werden durften.
902 private, landwirtschaftlich genutzte Flächen
wurden von der Trasse der Bahndurchschnitten
und die dazugehörenden Zuläufe zerstört.
Am Ende wurden die Besitzer gezwungen, ihr
Land der Bahn zu überlassen und hatten eine entsprechend große Wut auf
die Bauarbeiter. Zu denen gehörte für kurze Zeit auch der 1996
verstorbene Rumbacher Bürgermeister Fritz Perret. Doch der Lohn für die
harte Arbeit war mehr als kärglich, so dass sich Perret nach lukrativerer
Arbeit umsah.
Er berichtete von den Boykottmaßnahmen der
Bevölkerung, von den Bauern, die am Ende sogar in Nacht- und
Nebelaktionen die bereits fertig gestellten Gleiskörper unterhöhlten und
die Wasserzuläufe wieder öffneten. Das führte zu erheblichen Verzögerungen
bei den Bauarbeiten. Besonders großen Ärger gab es bei der Wassermühle
von Rumbach. Zum Mühlenweiher hin musste eine große Böschung
aufgeworfen und befestigt werden.
Die Bahn war fast fertiggestellt, als beim
Talübergang südlich von Rumbach der Hang abrutschte. In zeitraubender
und mühevoller Arbeit musste das Geländemit einer neuen Dammschüttung saniert und mit Steinen befestigt
werden. Auch bei diesem Hangrutsch sollen die wütenden Anlieger nicht
ganz unbeteiligt gewesen sein.
Die Bahn begann am Endpunkt der
Staatsbahnstrecke Pirmasens-Bundenthal. Westlich des Bahnhofsgeländes
hatte man im Zuge des Kleinbahnbaus größere Bahnanlagen mit
Umladegleisen, Abstellgleisen, Lokschuppen und Werkstattangelegt. Die Strecke folgte in südlicher Richtung in dem
ansteigenden Tal der Straße nach Rumbach und führte dann mit erheblicher
Steigung Richtung Nothweiler,querte
das Tal und die Straße auf einer hölzernen Brücke mit zwei Stützen.
Dann wendete sie um 180 Grad und lief am gegenüberliegenden Talhang
weiter bergauf bis zur Straßenbiegung nach Fischbach.
Hier bog die Bahn um 90 Grad nach Westen ab
und erreichte einige hundert Meter weiter den höchsten Punkt, die
Wasserscheide zwischen Wieslauter und Saarbach auf der Rumbacher Höhe.
Hier hatte man eine Ausweichstation und ein Wasserreservoir gebaut. An der
Gabelung der Straße Richtung Schönau bog die Bahn schließlich nach
Westen ab und führte, im wesentlichen der Straße folgend und diese auch
mehrfach kreuzend, über Fischbach, das am nördlichen Dorfrand umfahren
wurde, nach Ludwigswinkel. Der Endpunkt der Bahn lag im Gelände des
Lagers, wo auf einer Fläche von 4000 Quadratmetern Ladegleise, befestigte
Lagerplätze und ein kleiner Lokomotivschuppen mit einem Kohlenbunker
stand.
Zunächst diente die Bahn ausschließlich
der Versorgung des Lagers, in dem bis zu 16.000 Mann stationiert waren,
und beförderte Baustoffe, Munition und Versorgungsgüter. Doch die Bahn
brachte nicht nur Proviant und Bedarfgüter für die Mannschaft nach
Ludwigswinkel, auch Stroh und Heu für die Pferde kamen mit der Bahn aus
Bundenthal und die Soldaten wurden anfangs in offenen Güterwagen, später
in eigens dafür angeschafften Personenwagen befördert.
Für die kleine Bahn standen sechs
vierachsige Tenderlokomotiven mit langen, seitlichen Wasserkästen aus
Beständen der Heeresfeldbahn zur Verfügung. Nachfolgend kamen noch zwei
kleine dreiachsige Maschinen hinzu. Für den Materialtransport gab es
kleine Kippwagen und etwa 30 bis 40 offene Güterwagen mit vier Achsen,
sogenannte Brigadewagen und 10 bis 15 Drehschemelwagen für den
Holztransport. Ein geschlossener Güterwagen vervollständigten den
Fuhrpark. Für den Truppentransport wurden noch einige vierachsige
Personenwagen angeschafft.
Der Bahnbetrieb unterstand der Reichsvermögensverwaltung
für die besetzten Gebiete, zuständig war die Reichsvermögensstelle in
Landau. Zunächst wurde die Bahn auf Reichskosten betrieben, ab 1924 wurde
die Unterhaltung den Besatzungsmächten auferlegt. Die Kosten für den
Betrieb der reinen Militärbahn waren astronomisch, so dass die Franzosen
daran dachten, die Materialbahn auch der Zivilbevölkerung zur Verfügung
zu stellen, um eine Teil der Betriebskosten durch den Fahrkartenverkauf zu
decken. Doch bis es soweit war, sollte einige Zeit ins Land gehen. Zunächst
kamen einmal eine Reihe Regierungsvertreter aus Berlin um die Bahnanlage
zu besichtigen. Das Felsenland, damals noch Grenzland genannt, bot alles
auf, was laufen konnte und als die hohen Beamten mit dem Salonwagen von
Bundenthal nach Ludwigswinkel geschafft wurden, standen entlang der
Bahnstrecke Hunderte Menschen aus dem Wasgau, angeführt von ihren Bürgermeistern,
Gemeinderäten, Pfarrern und Lehrern um mit Nachdruck auf die Bedeutung
der Bahn für die Bevölkerung hinzuweisen.
Für die Forderung nach dem öffentlichen
Betrieb gab es mehrere Gründe. Zum einen hatte der Holzeinschlag nach dem
Krieg stark zugenommen, die Holzabfuhr zum Bahnhof Rumbach-Bundenthal
musste mit Hilfe von Ochsengespannen bewerkstelligt werden. Die Fahrten
waren beschwerlich und dauerten manchmal zwei bis drei Tage.Die Waldarbeiter suchten indes Zerstreuung, sprachen dem Alkohol zu
und vergnügten sich mit „leichten Mädchen“. Die, die diese Zeit noch
erlebt haben, erzählten, dass in jenen Tagenauffallend viele „Kretins“ in der Gegend unterwegs gewesen
seien.
Zum anderen suchten die größeren Werke in
Pirmasens billige Arbeitskräfte und trugen sich mit dem Gedanken,
Zweigwerke in dem Gebiet zwischen Schönau und Rumbach anzusiedeln, wofür
die Anbindung an das öffentliche Bahnnetz Grundvoraussetzung war.
Nicht zuletzt wünschten sich die
zahlreichen Pendler, die in Pirmasens und den umliegenden Sägewerken
arbeiteten, eine bequeme und schnellere Möglichkeit zur Arbeit zu kommen.
Noch bevor die Regierung dem öffentlichen
Verkehr zugestimmt hatte, waren bereits Haltepunkte, Bahnsteige und
Ladestellen entlang der gesamten Strecke entstanden. Für den
Personenverkehrstanden sechs Personenwaggons zur Verfügung, die mit
Ofenheizung und Petroleumbeleuchtung ausgerüstet waren. Ferner wurden
noch zwei Packwagen angeschafft. Am 10. Mai 1926 feierte man die Eröffnung
der Kleinbahn mit einem großen Fest. Der Zug fuhr mit Musik um 12.30 Uhr
in Bundenthal ab und erreichte Ludwigswinkel um 14.30 Uhr. Nach einemUmzug und einem Konzert fuhr die Bahn mit den „hochwohlgeborenen
Gästen“ um 17.20 Uhr zurück und erreichte um 18.30 Uhr Rumbach. Am
Abend gab es im renommierten Gasthof Kern einen Festabend mit Tanz.
Die Wasgenwaldbahn bei der
Durchfahrt durch Rumbach.
Zum Zugpersonal gehörten neben dem
Lokomotivführer, dem Heizer und dem Schaffner auch ein Bremser. Diesen
nicht ungefährlichen Posten begleitete einige Zeit auch Fritz Perret.
Neben dem Bremsen während der Talfahrt gehörte auch das Umstellen der
Weichen zu seinen Aufgaben. Oben auf der Rumbacher Höhe an der
Wasserscheide gab es in einem kleinen Wellblechhäuschen ein Telefon. Der
immer für einen Scherz zu habende Perret ließ es sich selten nehmen, von
dort den Stationsmeister von Bundenthal, Peter Fröhlich, anzurufen. Wenn
der sich mit sonorere Stimme und einem „Hier Fröhlich von Bundenthal“
meldete antwortete Perret: „Hier Traurig von der Waserscheide.“
Da der Zug besonders auf seinem Weg hinauf
zur Rumbacher Höhe recht langsam fuhr, waren an den Personenwagen
Schilder angebracht „Blumenpflücken während der Fahrt verboten“, hieß
es da. Auch der Bundenthaler Alfred Fischer arbeitete einige Zeit als
Bremser bei der Kleinbahn.
Am 1. Mai 1924 regnete es sehr stark und bei
der Fahrt von der Wasserscheide hinunter ins Tal lag ein Hindernis auf den
Gleisen. Der letzte Wagen, auf dem Fischer stand, sprang aus den Schienen
und überrollte das Bein des 18-jährigen Bremsers. Zeit seines Lebens
hatte Fischer, der noch im hohem Alter jedem die Geschichte von der
Wasgenwaldbahn gerne erzählte, einen steifen Fuß.
Täglich verkehrten nun vier Zugpaare mit
einem bis zwei Personenwagen, dritte und vierte Klasse, einem Packwagen
und je nach Bedarf einigen angehängten Güterwagen. Zusätzlich fuhren
weiterhin Materialzüge ins Lager Ludwigswinkel. Im Zivilverkehr wurde
hauptsächlich Stammholz zu den Sägewerken und Schnittholz für den
weiteren Versand befördert. Für die Langholztransporte wurden die
Schemelwagen eingesetzt, für die übrigen Güter wurden weitere offene
und gedeckte Wagen beschafft oder umgebaut. Auch die Bahnpost hatte ihren
festen Platz in den Zügen. Briefe und Pakete kamen nun mit der
Wasgenwaldbahn nach Fischbach und Ludwigswinkel.
Der Fahrplan von 1927 weist werktags drei
gemischte Züge als GmP (Güterzug mit Personenwagen) und PmG (Personenzug
mit Güterwagen) und zudem vier reine Personenzüge aus. Sonntags fuhren
lediglich vier Zugpaare.
Der Verkehr entwickelte sich so gut, dass
man Pläne schmiedete, die Bahn nach Pirmasens zu verlängern. Kreuzungs-
und Ladegleise gab es in Rumbach, Schönau-Brettelhof, Fischbach-Güterbahnhof,
Saarbacher Hammer und Ludwigswinkel-Ort. Der Brettelhof hatte zudem einen
Zubringer für die Postkutsche aus Schönau. Haltepunkte ohne Ladegleise
gab es bei Nothweiler, der Wappenschmiede Fischbach, Fischbach-Ort und
Reisslerhof. Der Lagerbahnhof lag etwa 800 Meter vom Bahnhof
Ludwigswinkel-Ort entfernt. Reisenden nach Schönau, so sie nicht die
Postkutsche erwischten, und Nothweiler stand vom Haltepunkt aus ein Fußmarsch
von zwei bis drei Kilometern bevor.
Bereits 1929 hatten die Franzosen alle
Besatzungsleistungen und damit auch die Betriebskosten für die
Wasgenwaldbahn eingestellt. Am 30. Juni 1930 zogen auch die letzten
Besatzungstruppen aus dem Rheinland ab. Die Schießübungen im Grenzgebiet
waren beendet, das Lager in Ludwigswinkel wurde geschlossen.
Der letzte Rest des Pfeilers einer
Brücke der Wasgenwaldbahn ist noch am Rand des Radweges von
Rumbach in Richtung Brauntal, Abzweigung Fischbach zu sehen.
Schon im Februar hatten sich Vertreter der
zuständigen Reichs- und Landesministerien in Landau getroffen, um zu
beraten, was mit dem Wasgenwaldbähnchen geschehen solle. Der öffentliche
Verkehr reichte bei weitem nicht aus, um den Bahnbetriebaufrecht zu erhalten und eine gesetzliche Grundlage zur Sicherung
des Personennahverkehrs gab es weder im Deutschen Reich noch in dem für
die Region zuständigen Land Bayern. Es fanden sich auch keine anderer
Betreiber, die bereit gewesen wären, die Bahn auf eigene Kosten weiterzuführen,
so dass der Betrieb zum 1. November 1930 eingestellt wurde.
Einigen Berichten zufolge soll die Deutsche
Reichspost noch eine Weile die Strecke als Kraftpostlinie betrieben haben.
Doch der Abbau der gesamten Bahnanlage erfolgte rasch, das gesamte
Gleismaterial und die Fahrzeuge wurden an die Schrotthandlung Adler in
Essen verkauft. Von dort soll es, dem Vernehmen nach, für
Materialbahnbauten in die Dolomiten veräußert worden sein.
An die Wasgenwaldbahn erinnert heute kaum
noch etwas. In Rumbach steht noch der ehemalige Lagerschuppen, doch weder
am Bahnhof Rumbach-Bundenthal noch in Ludwigswinkel finden sich Spuren der
ehemaligen Gleisanlage. Die Trasse ist nur noch stellenweise erkennbar,
auf dem Weg zum Braundel, dort wo der Radweg nach Fischbach abbiegt,
stehen die inzwischen stark verwitterten und völlig überwucherten Reste
der Brückenpfeiler. Hier hat der Rumbacher Touristik- und Kulturverein
eine Schautafel aufgestellt, die an die Wasgenwaldbahn erinnert. Geht es
nach dem Willen des Vereins, so soll die kleine Bahn als
Touristenattraktion wieder aufgebaut werden.