Zur Einweihung des frisch renovierten Dorfgemeinschaftshauses
 
Von all den vielen Gründen, die mir einfallen angesichts der Tatsache, dass unsere Frau Bürgermeisterin ausgerechnet mich gebeten hat, Sie, verehrte Gäste, auf einen Spaziergang durch die Rumbacher Schulgeschichte einzuladen, ist der wichtigste wohl, dass ohne einen kleinen Jungen, der vor genau 300 Jahren die Rumbacher Schule besuchte, die Arbeit aller Journalisten und Schreiberlinge, wie ich einer bin, in dieser Form gar nicht denkbar wäre.
Unsere, in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland garantierte Pressefreiheit, ist der Garant für unsere Demokratie. Dass es unsere Pressefreiheit in dieser Form überhaupt gibt, dafür zeichnet sich einer mitverantwortlich, der hier in Rumbach zur Schule gegangen ist, der Deutsche Peter Zenger, dessen Vater von 1693 bis 98 und 1703 und 04 hier in Rumbach Schullehrer war.
Zu jener Zeit gehörte Rumbach zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, das bereit 1669 Schulzwang und Schulordnung eingeführt hatte. Für die Landgemeinden waren nur Winterschulen vorgesehen, engagieren und bezahlen mussten die Gemeinden ihre Lehrer selbst. So kam es, dass diese Lehrer sich oft auch als Viehhirten verdingen mussten. Die einen waren mehr Viehhirten und sahen ihre Schüler als Schafe, bei denen sie den gleichen Prügel zur Anwendung brachten wie beim Vieh.  – die wirklichen Lehrer aber werden nicht anders gelitten haben als die von heute, die sich in ein System eingebunden sehen, in dem oft alle pädagogischen Ansätze zu Tode verwaltet werden.
Dass der alte Zenger einer von der guten Sorte Lehrer gewesen sein muss, dass zeigt sich in seinem Sohn. Als der 13 Jahre alt war, entschloss sich die Familie, der Enge Deutschlands den Rücken zu kehren und ihr Glück in dem neuen Kontinent im Westen zu suchen. In dem Land, in dem es damals noch Freiheit im Überfluss gab. Mit seiner Frau und seinen Kindern schiffte er ein – doch er sollte das Land seiner Träume nie betreten. Vater Zenger starb auf der Überfahrt.
Es ist eine aufregende Geschichte die den Buben, in den Dienst des Druckers William Bradford brachte. Später wurde Zenger New Yorker Bürger und eröffnete seine eigene Druckerei. Zu dieser Zeit wurden die nordamerikanischen Kolonien von London aus verwaltet, die Bürger in der Neuen Welt hatten keinerlei Mitspracherechte. Der Zündstoff war vorprogrammiert.
Zenger musste erkennen, dass auch das Drucken einer Zeitung gefährlich sein kann. Mit seinem „New York Weekly Journal“ kämpfte Zenger mit vielen Gleichgesinnten gegen eine korrupte Polizei, gegen einen machtbesessenen Gouverneur und für die Rechte als Bürger. Zenger übernahm als Verleger die volle Verantwortung für die von ihm gedruckten Texte, die, um die Autoren zu schützen, alle ohne Namensnennung gedruckt wurden. Zenger wurde verhaftet und nach einem aufsehenderregenden Prozess, in dem sein Anwalt die Geschworenen aufforderte, die den Menschen gegebenen Rechte zu schützen und sich willkürlicher Gewalt zu widersetzen, freigesprochen. „Zenger hat die Wahrheit geschrieben und die Wahrheit ist niemals verleumderisch“, so der Anwalt Andrew Hamilton in seiner flammenden Rede. Es gab damals kein verbrieftes Recht, die Wahrheit ohne Ansehen der Person öffentlich sagen und drucken zu dürfen. Heute ist dies einer der starken Grundpfeiler unserer freien Presse.
Der Prozess gegen Zenger war die Geburtsstunde der amerikanischen Freiheit, noch Jahre später wurde der Fall Zenger hinzugezogen, wenn es darum ging, ob einer Zeitung das Recht zustünde, die Wahrheit über die Handlungsweisen der Obrigkeit zu veröffentlichen oder nicht. 
Bis 1822 wurden die Rumbacher Kinder im alten Pfarrhaus unterrichtet, dass sich in einem sehr schlechten, feuchten, ja baufälligen Zustand befand. Nach einigem Hin und Her wurde das alte Haus abgerissen und an die gleiche Stelle ein neues Schulhaus mit Stall Scheune und Lehrerwohnung errichtet. Es wurde bis 1953, als man das neue Schulhaus einweihen konnte, genutzt.
Bis zur Schulreform 1974 besuchten die Rumbacher und Nothweilerer Kinder dieses Schulhaus, in dessen Erdgeschoss die öffentliche Badeanstalt untergebracht war. Bedingt durch die Raumnot der neu erbauten Felslandschule in Bruchweiler verblieben hier noch bis 1976 zwei Klassen. Nach der Eröffnung des Schulzentrums in Dahn wurde die Schule, wie in vielen anderen Gemeinden auch, zum Dorfgemeinschaftshaus.
Die alte Schule aber wurde Sitz des Einnehmers und diente nach Gründung der Verbandsgemeinde lange Zeit der Kirche als Gemeindesaal. Es ist heute noch zu sehen, ein Beispiel für westpfälzische Architektur. Leider ist es sehr, sehr sanierungsbedürftig und es bleibt zu hoffen, dass die findigen Rumbacher auch für dieses Häuschen einen Weg finden, es in neuem Glanz entstehen zu lassen.
In diesem Schulhaus war einer Schüler, den ich hier als Beispiel dafür herausgreifen möchte, dass die alten Dorfschulen weit besser waren als ihr Ruf. Der 1886 geborene Heinrich Kindelberger war von 1920 bis 1952 Bürgermeister der Gemeinde Rumbach. Was immer man heute, fast 50 Jahre nach seinem Tod, über ihn sagen mag, er war ein Mensch, der mit viel Herz, einem tiefen Gottvertrauen und unendlich viel Zivilcourage sein Leben und sein Amt gemeistert hat. Man mag ihm vorwerfen, dass er auch während der Naziherrschaft Bürgermeister war, doch er, dessen Tun und Handeln stets von dem Gedanken getragen war, seinem Dorf zu dienen, konnte während dieser schrecklichen Jahre manches verhindern, was für die Rumbacher zu einem schweren Erbe geworden wäre.
Kindelberger sprach sich bereits in den frühen Nachkriegsjahren für genossenschaftliches Denken und Handeln aus und sorgte mit dafür, dass mit einer Schuhfabrik Arbeitsplätze vor Ort entstanden.
Und noch einen Schüler, geboren 1904, dieser kleinen Schule möchte ich hier, beispielgebend für alle nachfolgenden Generationen, erwähnen. Einen, der allen, die ihn näher gekannt haben, unvergessen ist. Einen, der bis ins hohe Alter viele Geschichten zu erzählen wusste. So zum Beispiel, wie sie damals zur Schule geschlappt sind, in Holzschuhen, die dann in Reih und Glied vor der Eingangstür aufgebaut waren und wie manchmal einer der Lümmel, die nicht anders waren als die kleinen Lümmel unserer Tage, auf den Gedanken gekommen ist, die Hinterlassenschaft der Rindviecher in den ordentlich bereitgestellten Holzschuhen zu deponieren. Das sorgte  nach Schulschluss natürlich für eine mächtige Schweinerei.  Acht Jahre ist er, der diese Geschichte erzählte, hier zur Schule gegangen: der spätere Bürgermeister Fritz Perret. Schlecht kann sie nicht gewesen sein, die kleine Dorfschule, denn als ich die Ehre hatte, den alten Herrn mit 90 Jahren kennen zulernen, da erwies er sich als ein wandelndes Lexikon. Er sagte oft: „Mäd’ ich habe doch nur die Volksschule besucht“, so als wolle er sich entschuldigen  – dabei wusste er mehr vom Leben und von den Menschen, über deren Schwächen er mit der Weisheit des Alters und der Großzügigkeit eines mit Liebe gesegneten Menschen hinwegblicken konnte, als so mancher studierte Mann.
Er hatte seine Bibel und er hatte noch sein altes Lesebuch, das für die 5. 6. und 7. Klasse der Volkschule gedacht war. Es wird von einem Porträt des Regenten Prinz Luitpold von Bayern geziert. Zwischen zwei Buchdeckel ist auf  700 Seiten  alles gepresst, was man heute „Allgemeinbildung nennt“. Vieles von dem, was dort geschrieben steht, wird heute an keiner Schule Deutschlands mehr vermittelt. Schade drum, denn manchmal wäre mir wohler bei dem Gedanken, wenn für meine Kinder das Fach „Heimatkunde“ mehr wäre, als eine Erinnerung an eine längst vergangene Zeit. 
Eine, die ebenfalls in diese Schule gegangen ist, ist unsere Ortsbürgermeisterin Heidelinde Koslowski. Ich will nicht lobhudeln, aber ich glaube, ihre Vorgänger wären sehr zufrieden mit ihr, wenn sie sich an dem neuen Tresen im frisch sanierten Dorfgemeinschaftshaus noch ein Schöppchen genehmigen könnten. 
Ich bin am Ende meiner kleinen Reise. Und wenn ich mich so umschaue unter den Rumbacher Kindern, dann entdecke ich oft, dass das Blut eines Peter Zenger, eines Heinrich Kindelberger und eines Perret Fritz noch immer heiß in manchen Adern brennt.