„Ach Frau Hagen, ich lese Ihre Geschichten ja so gerne, Sie schreiben ja so schön. Aber da gibt es noch eine Lilo Hagen, die arbeitet bei der Zeitung und das ist eine ganz Böse“, teilte mir eine Omi aus der Nachbargemeinde ganz vertraulich und völlig unbefangen nach einer Lesung mit.
„So geht‘s, wenn man mit Schreiben sein Geld verdienen muss“, dachte ich und auch an Hermann Hesse, der schon lange vor mir festgestellt hat: „Um vom Schreiben leben zu können, braucht es entweder ungewöhnliche Erfolge oder ein Herabsteigen in die Journalistik oder sonst ein Schreibergewerbe.“
Nun betrachte ich die Arbeit als Journalistin keineswegs als minderwertig, obwohl sie mir oft die Zeit und Muße raubt, um mich meinen noch zu schreibenden Geschichten und Büchern widmen zu können. Die Arbeit eines Journalisten ist etwas sehr wichtiges, denn bei aller Kritik an der schreibenden Zunft, man muss sich nur einmal vorstellen, es gebe sie nicht. Unser Pressewesen seine unzensierte Berichterstattung und die garantierte freie Meinungsäußerung stehen für das demokratische System unseres Staates. 
Der Schreibstil, der von einem Journalisten gefordert wird, ist natürlich ein völlig anderer, als der eines Geschichtenerzählers. Das liegt in der Natur der Sache, die wichtigsten Informationen gehören bei einem Pressebericht an den Anfang während man sich bei einer Geschichte das Wichtigste bis zum Ende aufheben muss, um den Leser bis zur letzten Zeile fesseln zu können. 
Ich habe es gelernt, wenn ich auch am Anfang viel Spott meiner Kollegen in der Redaktion ertragen musste, wenn ich wieder einmal einen Gemeinderatsbericht zu einem „Geschichtchen mit Happy End“ gemacht hatte. Heute gelingt es mir fast immer problemlos von einem Schreibstil in den anderen zu wechseln – nur dass ich mich damit der Gefahr aussetze, auseinanderoperiert zu werden wie ein Siamesischer Zwilling, das konnte ich damals natürlich noch nicht ahnen. Der klare, sachliche Zeitungsstil gehört zu einer anderen, einer bösen, Person. Der Erzählstil der liebenswerten Geschichten werden einer netten Lilo Hagen zugeordnet.
Zu einem Leitfaden in meiner Arbeit als Journalistin wurde mir von Anfang an der Pressekodex, den der Deutsche Presserat in Zusammenarbeit mit den Presseverbänden erarbeitet hat. Es gibt keine Objektivität, aber man kann sich darum bemühen, und das ist der Leitgedanke in meiner Arbeit, wobei ich zugebe, dass es nicht immer leicht fällt, mich selbst, meine Gefühle und meine ureigenste Meinung aus den Berichten herauszuhalten. Die darf ich dafür dann in einen Kommentar packen, der namentlich gekennzeichnet meine ganz persönliche Meinung wiedergibt.