J
 
Die Gestalt Johann Peter Zengers ist eingearbeitet in ein Buntglasfenster einer amerikanischen Kapelle. (Repro: Rehm)
  Johann Peter Zenger aus Rumbach
Morgenstern der amerikanischen Freiheit
 
Journalist Johann Peter Zenger aus Rumbach half der Pressefreiheit in den späteren USA  auf die Sprünge – Prozess in New York ein Meilenstein
 
Von 1697-1748 lebte Johann Peter Zenger, Druckermeister, Journalist und Zeitungsverleger. 1693-98 und in den jahren1703 und 1704 war Zengers Vater Nicolaus Eberhard Zenger Dorfschuldiener in Rumbach. Dass sein Sohn Johann Peter Zenger hier geboren ist, erscheint wahrscheinlich, ist dokumentarisch aber nicht zu belegen.
In den Kirchenbüchern der Pfarrei Rumbach/Amt Wegelnburg finden wir den Vater Nicolaus Eberhart Zenger aus dem Kanton Bern das erste Mal am 6. Dezember 1693 als Pate des Johann Nicolaus Stoehr. Der nächste Eintrag findet sich am 1. Januar 1696, wo die Taufe der Anna Margaretha Zenger festgehalten wird. Am 8. Juli 1703 wird Johannes Zenger in Rumbach getauft.
Nach den Unterlagen des Familienforschers Reverend Dennis A. Kastens, der von der Rumbacher Familie Neuhart abstammt, hatte Johann Peter Zenger noch zwei Geschwister. Nikolaus, geboren etwa 1691, der nicht nach Amerika auswanderte, sondern in Bundenthal blieb und die am 10. August 1706 in der Reformierten Kirche zu Waldfischbach getaufte Eva Margaretha heiratete.
 
Nach Amerika ausgewandert
Unterlagen über Johann Peter Zenger sind jedoch nicht zu finden. Mit Sicherheit ist er in der Pfalz geboren, vielleicht in Rumbach, obwohl die Tatsache, dass sein Vater im Jahr seiner Geburt in Rumbach Schuldiener war, kaum als Beweis gelten kann. Sicher ist jedoch, dass Johann Peter Zenger 1710 in New York von Bord des Auswandererschiffes „Queen Ann“ ging; in Begleitung seiner Mutter Johanna und seiner beiden jüngeren Geschwister, wobei sie von den Behörden namentlich erfasst wurden.
Diese Dokumente, die noch heute existieren, geben auch Aufschluss über das Geburtsjahr Zengers, der bei seiner Ankunft 13 Jahre alt war. Der Vater war während der Überfahrt verstorben.
Aus ungeklärten Gründen hatten die Zengers ihre Überfahrt gar nicht oder nur teilweise bezahlt. Um die Kosten der Überfahrt aufzubringen, trat Johann Peter Zenger in den Dienst des Druckers William Bradford. Der nahm sich des Knaben aus Europa an, der kleine Johann Peter erhielt eine erstklassige Ausbildung.
Am 18. Juli 1719 heiratete Zenger Mary White, suchte dann nach anderen Arbeitsmöglichkeiten und ließ sich 1720 vorrübergehend in Maryland nieder. Seine Frau verstarb und er kehrte 1722 nach New York zurück, wo er am 24. August des gleichen Jahres Ann Catherina Moulin ehelichte. Ein Jahr später erhielt er die Rechte  eines Freien Bürgers und arbeitete wieder für Bradford.
Wahrscheinlich war Zengers politische Haltung der Grund, dass es zwischen beiden zu Problemen kam und in Zenger den Entschluss reifen ließen, sich von Bradford, der als Drucker der von der Regierung kontrollierten New Yorker Gazette Zengers Ideen kaum akzeptieren konnte, zu trennen.  Im folgenden Jahr eröffnete Zenger seine eigene Druckerei. Die Auftrage in  der Anfangszeit waren Werke in holländischer Sprache. RHEINPFALZ-Autor Willi Rehm aus Landau, der sich intensiv mit der Lebensgeschichte Zengers befasst hat, fand heraus, dass Zengers zweite Frau Holländerin war.,
Zur politischen Situation in der damaligen Zeit sei angemerkt, dass die nordamerikanischen Kolonien von London aus verwaltet wurden, ohne dass den Bürgern der Neuen Welt auch nur das geringste Mitspracherecht eingeräumt wurde. Während im Mutterland der englische Philosoph John Locke von den natürlichen Rechten des Menschen, seinem Recht auf Leben, auf Freiheit und auf Eigentum sprach und die Forderung aufstellte, dass der Staat verpflichtet sei, diese Rechte zu schützen, regierten in den Kolonien oft machtbesessene Gouverneure völlig selbstherrlich und autokratisch.
So auch in New York zu dieser Zeit. Der neue Gouverneur William Cosby erwies sich nicht nur als äußerst inkompetent, seine skrupellosen Aktivitäten riefen schon bald eine starke Opposition auf den Plan, angeführt von dem brillanten Anwalt und Journalist Jamess Alexander und dem ehemaligen Obersten Richter Lewis Moris, den Cosby seines Amtes enthoben hatte. Cosby manipulierte eine Unterhauswahl, indem er Stimmen einer Gruppe Quäker nicht anerkannte.
Sie engagierten Zenger für den Druck des New Yorker Wochenjournals, das als Reaktion auf die von der Regierung kontrollierte New Yorker Gazette erscheinen sollte. Am 5. November 1933 erschien die erste Ausgabe des „Weekly Journals“. Alle Texte wurden anonym veröffentlicht, Zenger übernahm die volle Verantwortung als Herausgeber. Alexander schrieb und bearbeitete die meisten Artikel und Satiren.
Cosby versuchte verzweifelt, seine Gegner ausfindig zu machen; am Ende verfasste er eine Klage wegen Verleumdung gegen Zenger und ordnete an, diesen festzusetzen. Am 17. November wurde Zenger in das Gefängnis des Gouverneurs eingeliefert. Da er die sehr hohe Kaution nicht aufbringen konnte, musste er fast neun Monate, bis zu seiner Gerichtsverhandlung, im Kerker verbringen. Lediglich durch ein kleines Loch in der Tür durfte er sich mit seiner Frau und seinen Angestellten unterhalten. Auf diese Weise war es aber möglich, dass das New Yorker Weekly Journal auch während Zengers Haft erschien.
 
Der Prozess in New York
Im August 1735 kam es zu dem Gerichtsverfahren, dem Zenger bis heute eine gewisse Berühmtheit verdankt. Seine Anwälte James Alexander und William Smith erklärten schon zu Beginn der Verhandlung den von Cosby bestellten Obersten Richter als befangen. Daraufhin entzog Cosby beiden Anwälten das Recht, Zenger weiterhin zu verteidigen und ernannte John Chambers zum Anwalt der Verteidigung.
Nachdem letztlich, trotz aller illegalen Manöver von Seiten des Gouverneurs, annehmbare Geschworene gefunden waren und der hervorragende Anwalt Andrew Hamilton aus Philadelphia, der dem Prozess anfänglich lediglich als Zuschauer beiwohnte, die Verteidigung Zengers übernommen hatte, wurde Zenger freigesprochen.
In seinem großartigen Schlussplädoyer erklärte Hamilton, dass ein Schuldspruch einen Präzedenzfall schaffen würde, der der Regierung die Möglichkeit gebe, ihre Amtsgewalt weiter auszubauen. Er forderte die Geschworenen auf, die dem Menschen gegebenen Rechte zu schützen und sich willkürlicher Gewalt zu widersetzen. „Zenger hat die Wahrheit geschrieben, und die Wahrheit ist niemals verleumderisch!“, sagte er. Die Weisheit und Voraussicht, die Zenger damals in seiner Verteidigungsrede an den tag legte, sind heute um so bemerkenswerter, da es vor dem 19. Jahrhundert kein verbrieftes Recht war, die Wahrheit ohne Ansehen der Person öffentlich sagen und drucken zu dürfen. Heute ist dies eines der Grundprinzipien der Pressefreiheit.
Ab 1737 druckte Zenger im Auftrag der Regierung für den Bezirk New York ab 1738 auch für den Bezirk New Jersey. Gouverneur Morris nannte ihn den „Morgenstern der Freiheit unserer Nation“. Für die Vermutung, dass Zenger ein Lehrer des amerikanischen Staatsmannes Benjamin Franklin (1706-1790) gewesen war, gibt es bislang keine Beweise. Wahrscheinlich ist aber, dass sich Franklin einige Techniken in Zengers Druckerei abgeschaut und später verbessert hat, wie auch Willi Rehm feststellte. In Frankfurt gibt es heute übrigens noch eine „Peter-Zenger-Straße“. Zenger starb am 28. Juli 1746 in New York.
 
Rumbach zu Zengers Zeiten
Sechs Jahre alt war Johann Peter, als sein Vater im Jahre 1703 zum zweiten Mal seinen Dienst an der Rumbacher Dorfschule antrat.
Im Jahre 1697, seinem Geburtsjahr, wurde die Wegelnburg zerstört. Von Rumbach wird für das Jahr 1681 folgendes berichtet: „Zu Rumbach wohnen anitzo 8 Unterthanen und ein Hintersaß und 3 Häuser stehen leer, davon die Inwohner in jüngstwährenden Kriegswesen gestorben und hinweggezogen; von dem 30jährigen Krieg hero liegen noch zwölf Hausplätze leer und öde.“ (Kampfmann, „Das Amt Wegelnburg im Jahre 1681)
Etwa ab 1685/90 kamen mehrere Familien schweizerischer Herkunft nach Rumbach, um sich hier niederzulassen. Davon zeugt auch das Taufbuch der Pfarrei Rumbach. Der Eintrag vom 4. Mai 1687 lautet: „Als Paten Jacob Hauswirth und seine Frau Maria, gebürtig aus der Schweiz“.
Noch heute zeugen Namen wie Friedly oder Jacky von den damaligen Zuwanderern aus der Schweiz.
Wenig wissen wir aus dieser Zeit, denn unsere Geschichtsschreibung hat immer nur das leben der Großen und Mächtigen festgehalten, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung verschwindend gering ist. Das einfache Volk, Bauern, Tagelöhner, Handwerksgesellen oder Dienstboten, lebten von der Hand in den Mund. Wurde jemand krank oder altersschwach, musste er betteln gehen.
Aber auch bei regelmäßiger Arbeit reichte der Lohn oft kaum aus, die Familie zu ernähren. Der karge Boden in Rumbach brachte wenig Ertrag, das Streu für das Vie wurde noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts mit Heidekraut aus den Wäldern gestreckt. Wer mer als drei Kinder hatte, musste Wegziehen. Die Häuser waren aus Holz und Lehm gebaut, nicht nur einmal ist Rumbach dem Feuer zum Opfer gefallen.
 
Lieber Heu machen als Lernen
Was der Dorfschullehrer Zenger  der Jugend damals beibrachte, wird kaum mehr als ein wenig Rechnen und ein wenig lesen aus der Bibel gewesen sein. Noch 1865 war die Bevölkerung von Rumbach der Meinung: „Wenn die Schüler nur Kartoffeln säen und Heu machen können, dann haben sie genug gelernt. Schule ist nicht so nötig.“ So die Randnotiz des damaligen Pfarrers in einem der Pfarrbücher.
 
Viehhirt und Lehrer
Nur karger Lohn für die Vermittlung von Wissen
Zu jener Zeit, als der Vater Johann Peter Zengers in der Gemeinde als Lehrmeister wirkte, gehörte Rumbach zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, das im Jahr 1669 Schulzwang und Schulordnung eingeführt hatte. Ob das Gesetz in dem menschenleeren und verarmten Land zwei Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg fasste, ist unbekannt.
Im Jahre 1706 verfügte die Schwedische Regierung erneut allgemeinen Schulzwang vom 6. bis 12. Lebensjahr. Für die Landgemeinden waren nur Winterschulen vorgesehen. Im Winter wurden die Kinder von Lehrern, die die Gemeinden selbst engagieren mussten, unterrichtet. Im Frühjahr, wenn die Kinder wieder in der Landwirtschaft benötigt wurden, zogen diese Lehrer weiter oder blieben als Viehhirt am Ort. Bezeichnend ist, dass das Viehhüten weit besser entlohnt wurde als das Vermitteln von Wissen.
So lässt sich auch erklären, dass Zenger nur kurze Gastspiele in der Gemeinde gab. Auch sein Entschluss, in die Staaten auszuwandern, zeigt, dass sein Lohn kaum ausgereicht haben mag, die Familie zu ernähren.
Verteidiger Hamilton (vorne) beim Plädoyer für den Angeklagten (dahinter) am 4. August 1735 in New York (Repro: Rehm)
 
 
veröffentlicht in:
Die RHEINPFALZ
vom 11. Juni 1994
© Lilo Hagen